Lautsprechermessung – wo soll ich messen?

Das wollten wir schon immer mal machen: einen Vergleich von verschiedenen Messräumen. Heute war es dann soweit – quick and dirty. Der Proband: ein Neumann KH 310 Studiomonitor. Dieser Lautsprecher ist sehr linear, der Hersteller gibt den Frequenzgang mit +/- 1.1dB zwischen 100 Hz und 10kHz an. Ideal für unseren Versuch. Das Messmikrofon ist ein kalibriertes EMX 7150 von Isemcon. Für die Messungen haben wir vier Setups ausgesucht: einen freien Platz, einen großen Raum, einen reflektionsarmen Raum und ein Bedroom Studio. Die Frage, die sich dahinter verbirgt, ist diese: Reflektionen beeinträchtigen unsere Messungen. Mit welchen Ergebnissen kann man unter diesen Bedingungen rechnen?

Vorbildlich – der Neumann KH310 Studiomonitor. Copyright Georg Neumann GmbH

Zuerst begeben wir uns auf einen großen freien Platz. Schön gelegen an eine Bahnstrecke, bei minus 4 Grad Celsius, aber immerhin trocken. Sicher aus vielen Gründen nicht der ideale Ort um Lautsprecher zu messen, aber es geht um die Ergebnisse. Zuerst werden verschiedene Aufbausetups verglichen: Mikrofon und Lautsprecher möglichst weit vom Boden entfernt, nur Mikrofon am Boden, nur Lautsprecher am Boden, beide am Boden. Wie erwartet zeigen sich schöne Kammfiltereffekte durch Reflektionen am Boden. Das beste Ergebnis liefert die Variante nur Mikrofon am Boden und Lautsprecher auf der Leiter, hier zu sehen in Messung 3. Hoffentlich kommt während des sweepens kein Zug vorbei…

Es ist doch ziemlich kalt draußen, daher gehen wir schnell wieder ins Warme. Als nächstes steht ein großer Raum auf der Liste. Wir vergleichen einen Konzertraum mit durchschnittlich 1,5 Sekunden Nachhallzeit und eine Turnhalle. In beiden Räumen sind die nächsten Wände und die Decke mindestens vier Meter, also etwa 12 Millisekunden, entfernt. Auch hier machen sich Reflektionen bemerkbar. Auch ein zeitliches Fenstern der Impulsantwort ist nur bedingt hilfreich.

Als nächstes betrachten wir die amtliche Lösung: eine reflektionsarmer Raum. Schalltot kann man nicht sagen, wir hören sehr wohl Schall im RAR und bei dieser Gelegenheit auch reichlich von unserer Lieblingsmusik. Im Vollraum sind die Ergebnisse wie erwartet sehr gut bis zur unteren Grenzfrequenz des Raumes.

Soviel zur Messung von Lautsprechern in speziellen Räumen. Aber wie sieht es mit der Realität aus? Für die meisten ist das ein Schlafzimmer-Tonstudio-Multifunktionsraum. Also ab nach Hause und mal schauen was die Gemächer hergeben. Aus Gründen der Privatsphäre zeigen wir hier nur die Messung, es war einfach nicht aufgeräumt genug. Hier passt ein Zitat gut: “What should we expect? Horrible graphs.” Davon haben wir schon einige gesehen. Aber wir können Euch beruhigen: es klingt besser als es aussieht.

Um die Untersuchung kurz zusammenzufassen: Lautsprechermessungen gehören in den reflektionsarmen Raum, dort finden wir die besten Bedingungen. Je größer der RAR, umso verlässlicher ist die Messung im unteren Frequenzbereich. Für Lautsprecher eignen sich kombinierte Messungen aus Nahfeld und Fernfeld. Wenn kein entsprechender Raum zur Verfügung steht, kann man auch ins Freie ausweichen. Hier sollte das Messmikrofon möglichst auf dem Boden platziert werden, so kann man Kammfiltereffekte vermeiden. Ebenso würde man im reflektionsarmen Halbraum verfahren. Als Fazit bleibt zu sagen: wir hatten eine gute Zeit und waren froh wieder im Warmen zu sein.